Datum: | 15.01.2010 | Dieser Inhalt PDF erstellen: | ![]() |
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Herkunft: | doubtfire.ch | Original Dokument: | - | |
Artikel 275a ZGB 1) Eltern ohne elterliche Sorge sollen über besondere Ereignisse im Leben des Kindes benachrichtigt und vor Entscheidungen, die für die Entwicklung des Kindes wichtig sind, angehört werden. 2) Sie können bei Drittpersonen, die an der Betreuung des Kindes beteiligt sind, wie namentlich bei Lehrkräften, ärztinnen und ärzten, in gleicher Weise wie der Inhaber der elterlichen Sorge Auskünfte über den Zustand und die Entwicklung des Kindes einholen. 3) Die Bestimmungen über die Schranken des persönlichen Verkehrs und die Zuständigkeit gelten sinngemäss. Mit der Revision des Scheidungsrechts, welche am 1. Januar 2000 in Kraft getreten ist, wurde das Auskunftsrecht der Eltern ohne elterliche Sorge rechtlich verankert. Bis zum heutigen Tag musste sich das Bundesgericht noch nicht mit dem neu eingefügten Art. 275a Zivilgesetzbuch (ZGB) auseinandersetzen. Auslegungsfragen sind deshalb noch weitgehend ungeklärt. Grundsätzlich ist zwischen der Informationspflicht (Art. 275a Abs. 1 ZGB) und dem Auskunftsrecht (Art. 275a Abs. 2 ZGB) zu unterscheiden (Artikel 275a ZGB ist auf der 2. Seite dieses Merkblatts abgedruckt). Informationspflicht Es ist davon auszugehen, dass als Adressat der in Art. 275a Abs. 1 ZGB verankerten Pflicht, den Elternteil ohne elterliche Sorge zu informieren und vor Entscheidungen anzuhören, der Inhaber oder die Inhaberin der elterlichen Sorge gilt. Als erweiterter Adressatenkreis sind die Inhaber der Obhut (also z.B. eine Heimleitung oder Pflegeeltern) oder ein Vormund zu nennen. Für die Schulbehörden oder die Lehrerschaft besteht demnach keine Pflicht, den Elternteil ohne elterliche Sorge von Amtes wegen über wichtige Ereignisse, z.B. bevorstehende Schullaufbahnentscheide, zu informieren. Diese Pflicht trifft den Inhaber oder die Inhaberin der elterlichen Sorge. Auskunftsrecht Art. 275a Abs. 2 ZGB gesteht jedoch den Eltern ohne elterliche Sorge ausdrücklich ein Auskunftsrecht zu. Demnach können diese bei Drittpersonen, die an der Betreuung des Kindes beteiligt sind, wie namentlich bei Lehrkräften, ärztinnen und ärzten, in gleicher Weise wie der Inhaber oder die Inhaberin der elterlichen Sorge Auskünfte über den Zustand und die Entwicklung des Kindes einholen und zwar ohne dass der sorgeberechtigte Elternteil anwesend ist. Dieses Auskunftsrecht darf nicht als Kontrollrecht missbraucht werden. Es geht nicht darum, dass ein Elternteil die Ausübung der elterlichen Sorge durch den andern kontrolliert und sich in dessen Erziehungsaufgaben einmischt. Vielmehr hat sich das Gespräch mit dem Dritten auf den von diesem betreuten Bereich zu beschränken. Im Schulbereich sind bezüglich Auskunftsrecht folgende Punkte zu beachten: Solange keine gerichtlichen oder vormundschaftlichen Anordnungen bezüglich Sorgerecht getroffen sind, haben beide Elternteile - auch wenn sie nicht den gleichen Wohnort haben - die elterliche Sorge inne und sind in gleicher Weise zu informieren. Mit andern Worten: wohnen die Kinder bei nur einem Elternteil, bedeutet dies nicht, dass dieser Elternteil alleine sorgeberechtigt ist. Als Drittpersonen, die an der Betreuung des Kindes beteiligt sind, gelten im Schulbereich die Lehrpersonen, die Schulpsychologinnen oder Schulpsychologen sowie allfällige Therapeutinnen oder Therapeuten. Nicht dazu gehören die Schulleitung oder Schulpflege, welche nicht direkt an 2 / 2 Volksschulamt Stabsstelle Rechtsdienst Walchestrasse 21, Postfach 8090 Zürich www.volksschulamt.zh.ch Merkblatt April 2007/FA der Betreuung des Kindes beteiligt sind, sondern vor allem die allgemeine Organisation und Führung der Schule wahrnehmen. Auskünfte an den Elternteil ohne elterliche Sorge haben sich auf den Zustand und die Entwicklung des Kindes in dem von der Drittperson betreuten Bereich (schulischer oder therapeutischer Bereich) zu beschränken. Erzieherische Fragen sowie Auskünfte über die familiären Verhältnisse sind demnach auszuklammern. Der Elternteil ohne elterliche Sorge hat die Auskunft bei der Drittperson einzuholen (sogenannte „Holschuld“). Allerdings genügt ein einmaliges Begehren, um durch die Lehrperson regelmässig orientiert zu werden. Allenfalls kann die Art und Weise des Informationsflusses zwischen Lehrperson und Elternteil ohne elterliche Sorge schriftlich festgehalten werden. Grundsätzlich sind Drittpersonen berechtigt und verpflichtet, dem Elternteil ohne elterliche Sorge auf dessen Verlangen die genannten Auskünfte zu erteilen. Es ist Sache des sorgeberechtigten Elternteils, die Auskunft erteilende Drittperson über allfällige Einschränkungen (gerichtliche oder vormundschaftliche Anordnungen und nur solche - können in seltenen Fällen das Auskunftsrecht einschränken) zu informieren. Allenfalls kann ein Auszug aus dem Scheidungsurteil oder der Verfügung der Vormundschaftsbehörde verlangt werden. Mit dem Begriff „Eltern“ sind im Volksschulgesetz (VSG, LS 412.100) die Eltern oder ein Elternteil, denen oder dem die elterliche Sorge zusteht, gemeint (Legaldefinition: § 77 VSG). § 56 Abs. 2 VSG hält ausdrücklich fest, dass auch Mütter und Väter, denen die elterliche Sorge nicht zusteht, den Unterricht ihrer Kinder besuchen können, soweit der Schulbetrieb dadurch nicht beeinträchtigt wird. Sinngemäss ist deshalb davon auszugehen, dass die Eltern ohne elterliche Sorge auch an Elternabenden ihrer Kinder teilnehmen können. Selbstverständlich steht die Schule allen Eltern (auch den nicht sorgeberechtigten) bei öffentlichen Veranstaltungen offen (Schulbesuchstage, Aufführungen, Ausstellungen, etc.). |